KulturPur auf dem Giller

Ein grünes Festival mitten in der Landschaft

KulturPur: Unvergesslich für die Massen, nachhaltig für die Natur

 





Kulturpurhase

Eben noch gönnte sich der Hase ein wohlverdientes Schläfchen in der angenehmen Pfingstsonne, geschützt von dem saftigen Grün. Doch dann: „Jubel“, „Tanz“, „Krach“, „Heiterkeit“ –„ Kultur“. In gefährlich riesigen Lettern donnert all das auf den süßen Hasen ein in einem Cartoon, und ist ihm nur ein halb geöffnetes Augenlied wert. Denn er weiß: Schon bald erinnert nichts mehr an das Festival, das in seine Nachbarschaft zehntausende Besucher anlockte. Im nächsten Bild umgibt das Cartoon-Häschen wieder die harmonische Natur-Idylle, die so typisch ist für das Siegerland.

Die gezeichnete Sequenz entstammt einer Präsentation zu einem der größten Zelttheaterfestivals in Deutschland: KulturPur. Seit 1991 lockt das Großereignis jährlich zu Pfingsten zehntausende Besucher auf die Ginsberger Heide (Giller) im Kreis Siegen-Wittgenstein. Und keine seitenlange Abhandlung könnte besser auf den Punkt bringen, was die mehrtägige Veranstaltung so sehr auszeichnet. Abgesehen natürlich von Bühnen- und Musik-Stars wie Sarah Conner, Clueso, Dieter Nuhr, Ben Becker, Eric Burdon und, und, und;  einem hochkarätigen (oft kostenlosen) Tagesprogramm für Jung und Alt oder auch von der professionellen Organisationsmaschinerie dahinter.

Auf dem Giller, mitten im Wandergebiet

Ende der Achtziger taten sich der Kreis Siegen-Wittgenstein mit den Städten Siegen, Kreuztal und Hilchenbach, dem Gebrüder-Busch-Kreis sowie der IG Metall Siegen zusammen, um der brachliegenden Kulturlandschaft einen Vitalisierungsschub zu verabreichen. Die Idee von KulturPur war geboren und wurde über heute nahezu drei Jahrzehnte mit Leben gefüllt.

Das Gebiet war einfach ideal, geographisch genau auf der Grenze der beiden ehemaligen Landkreise, aus denen 1975 die Verwaltungseinheit Siegen-Wittgenstein hervorging. Kaum Einschränkungen standen den Verantwortlichen damals im Weg, berichtet KulturPur-Chef von Heyden. Außer den natürlichen Besonderheiten der Ginsberger Heide - Abgeschiedenheit; kaum Infrastruktur in Form eines Strom- oder Wasseranschlusses, die Besonderheit als Naturschutzgebiet.

Naherholungsgebiet: Der Giller, die Lützel und Ginsberger Heid

Ein kultureller Besuchermagnet

2018 strömten allein fast 60.000 Besucher auf den Giller. Und das mitten in einem Naturschutz-Gebiet. Doch so viele Menschen bedeuten normalerweise meterhohe Müllberge und Autolawinen, einen ökologischen Stresstest für Pflanzen wie Tiere? Aber KulturPur ist anders – nachhaltiger, umweltschonender, ein „Green-Festival“, wie es neudeutsch gerne genannt wird. Nur ein einziges Mal lässt der Leiter der Großveranstaltung, Jens von der Heyden vom Kulturbüro des Kreises Siegen-Wittgenstein, dieses Modewort im unserem Gespräch zur nachhaltigen Festival-Ausrichtung fallen. Überhaupt: Umweltschutz sei von Anfang an selbstverständlich gewesen bei der Planung und Umsetzung der Festivals, das 2019 bereits zum 29. Mal stattfindet.

Auf dem Weg zu einem grünen Festival

Doch gerade der pragmatische Umgang der Organisatoren mit diesen Besonderheiten ließ KulturPur mit jedem Jahr zu einem „grüneren“ Festival werden. Denn ein Naturschutzgebiet unterliegt speziellen Auflagen. Die sorgfältige Reinigung des Geländes und der umliegenden Wege gehörte von Beginn an zur DNA der Veranstaltungsausrichtung. Nachher erinnere nichts mehr daran, dass an dem Ort ein großes Festival stattgefunden habe, so von Heyden. Mit den Jahren habe man immer mehr Müll vermeiden können, teils durch Bonusmaßnahmen gegenüber den Gastronomen und teils durch Vorgaben wie wiederverwendbare Pfand-Plastikbecher oder Holzbesteck und die Etablierung eines Geschirrmobils. Die Betreiber von Essens-und Getränkeständen müssen außerdem für die Entsorgung ihrer Hinterlassenschaften zahlen oder diese selbst wieder mitnehmen. Dadurch sei ein Bewusstsein dafür geschaffen worden, dass Müll Geld koste.

Bei Nachhaltigkeit ist Kreativität gefragt

Mittlerweile machen die Gastronomen selbst Vorschläge, wie man Abfall bereits im Vorfeld vermeiden kann. Der über die Jahre gewachsene Nachhaltigkeitsansatz zeigt sich auch bei den Bühnenaufbauten, deren Bestandteile inzwischen oft über Jahre hinweg benutzt werden können. All diese und weitere Maßnahmen waren so erfolgreich, dass man gegenüber dem ersten Festival jährlich rund 30 bis 40 Prozent Müll habe einsparen könne, bilanziert von Heyden.

Natürlich sind für Konzerte, Kleinkunst-Aufführen, Theater-Darbietungen und die Verpflegung solcher Menschenmengen viele Kilowatt-Stunden Strom nötig. Relativ früh – noch bevor der Otto-Normal-Verbraucher auch nur einen Gedanken daran verschwendete – wurde bei KulturPur also in stromsparende LED-Technik investiert. Zudem wichen alte energiefressende Aggregatoren effizienteren Modellen, die zwar in der Anschaffung teurer waren, sich auf lange Sicht aber rechneten.

Und während allerorts über Mobilität diskutiert wird, können sich die Besucher von KulturPur schon seit Jahren bequem von allen Kommunen des Kreises Siegen-Wittgenstein aus per Busshuttle auf den Giller und wohlbehalten wieder zurück bringen lassen.

Text: Daniel Pirker

Buntes Treiben in einem grünen Umfeld